Die erste Kulturreise des Heimatvereins Dinklage führte in die Glashütte Gernheim.
Die erste Kulturreise des Heimatvereins Dinklage führte in die Glashütte Gernheim. Dort lernten die Heimatfreunde das Geheimnis der Glasherstellung vor 200 Jahren kennen.
Gegründet wurde die direkt an der Weser liegende Glashütte Gernheim 1812 von zwei Bremer Kaufleuten. Der kegelförmige Turm der Glasfabrik wurde 1826 errichtet, weil der natürliche Sog der Luft im Kegel höhere Schmelztemperaturen ermöglichte. Im Übrigen bestimmte der Schmelzprozess den Arbeitsalltag. Wenn die Schmelze ziehfähig war, mussten die Glasbläser solange arbeiten, bis die gesamte Schmelze verarbeitet war. Daher wohnten die Arbeiter in Wohnhäusern direkt auf dem Werksgelände und waren Tag und Nacht abrufbereit. Die Schattenseiten des relativen Wohlstandes waren 12-stündige Schichten in einer krankmachenden Arbeitsumgebung. Der Rauch der verbrennenden Kohle, der Staub des Glasgemenges und die enorme Hitze zehrten an der Gesundheit. Hinzu kam, dass Kinder ab 10 Jahren in den Arbeitsprozess integriert waren. Alt wurden die Arbeiter nicht. 1877 wurde die Glashütte stillgelegt und 1979 das Museum mit Glasbläserei und -schleiferei gegründet.
Überraschend war, dass nicht nur Hohlglas sondern auch Fensterglas in Gernheim produziert wurde. Dazu wurden große Glaszylinder geblasen, nach dem Abkühlen Boden und Deckel abgetrennt und das verbliebene Rohr längs mit dem Glasschneider angeritzt. Durch nochmaliges Erwärmen konnte man die Glasröhre zu einer Tafel von 90 mal 60 cm auffalten und als Fensterscheibe verkaufen. Gefertigte Trinkgläser wurden auf dem Werksgelände auf Kundenwunsch auch geschliffen.
Auf der anschließenden gemeinsamen Kaffeetafel wurden die hautnahen Informationen über Arbeit und Leben vor 200 Jahren ausführlich diskutiert.
Foto und Text: Hans Hoymann, Heimatverein Dinklage